Schauspiel Felix Bloch Erben 2024 // Uraufführung am 24. Februar 2024, Vereinigte Bühnen Bozen // Produktionsteam der UA / Regie: Rudi Frey / Bühne: Vincent Mesnaritsch / Kostüme: Elke Gattinger / Licht: Micha Beyermann / Dramaturgie: Elisabeth Thaler / Ensemble: Roman Blumenschein, Elke Hartmann, Hanenn Huber, Fabian Mair Mitterer, Patrizia Pfeifer, Peter Schorn, Karin Verdorfer, Daniel Wagner und Stefan Wunder
Ein Staudammprojekt dient Thomas Arzt als Beispiel für die Widersprüche des technischen Fortschritts. Ist der Bau ein gewaltsamer Eingriff in die Natur- und Kulturlandschaft, eine visionäre Ingenieursleistung, eine Errungenschaft zur nachhaltigen Stromgewinnung, das schnöde Investitionsobjekt einer faschistischen Regierung oder einfach Größenwahn, der auf dem Rücken der Vertragsarbeiter aus dem Süden ausgetragen wird? Auf zwei Zeitebenen und aus den unterschiedlichen Blickwinkeln einer Dorfgemeinschaft entspinnt sich die Geschichte. Dabei sind alle Beteiligten letztlich mit der existenziellen Frage konfrontiert, wie sie die Zukunft gestalten wollen. Eine Fotografin dokumentiert den Bau des Staudamms und meint ein generelles Unbehagen an der neuen Welt und Risse in den modernen Bauten auszumachen. 70 Jahre später kommt eine Forscherin mit diesen Fotos im Gepäck an den Ort des Geschehens und möchte mit einem Mann sprechen, der seit Jahrzehnten auf den Turm starrt, auf den Turm mitten im See. (Text: Felix Bloch Erben)
Trailer (c) Vereinigte Bühnen Bozen
„Das Stück DIE TREIBENDE KRAFT bringt die „aufgestaute“ Geschichte von Graun und Reschen in spannungsgeladenen Szenen auf die Bühne. Neu und so frisch wie ein Bad im kühlen Nass. Der Schriftsteller Thomas Arzt hat es als Auftragswerk erdacht und niedergeschrieben. Zwar bediente er sich der seit über einem Jahrzehnt akribisch betriebenen historischen Aufarbeitung, setzt aber in der Umsetzung (für das von Intendant Rudolf Frey inszenierte Stück) gänzlich auf unerwartete Rahmen-Geschichten, die es vermögen einen breiten Blick auf den See und das „Ausmaß“ des landschaftlichen Eingriffs zu richten. Nachts träumte Arzt davon „in den Turm zu klettern und einen Schatz zu finden. Oder ein Skelett, oder Nazi-Runen. Oder Widerstands-Kassiber. Oder ein geheimes Paradies vorzufinden, in dem die letzten Pflanzen und Tiere überleben.“ Für seine Erzählstränge warf er wie ein ungewisser "Kapitän" gleich zwei Anker ins Wasser, der eine hält sich an der Vergangenheit fest, der andere rudert an Ort und Stelle in der Gegenwart suchend. Für ein besseres (und nicht zu festgefahrenes) gemeinsames Morgen! Die treibende Kraft ist keine „Opfererzählung“ und „keine Dokumentation des bereits Dokumentierten“, vielmehr ein Drama des Fortschritts und eine Kritik am uferlosen Kapitalismus. Dementsprechend richten sich die Erzählperspektiven weniger auf den spitzen Turm, sondern auf den langgezogenen Staudamm, der „keine Gefahr darstellt“ , vielmehr „eine Vision, die Glück verspricht!“ Wie aber den Umgang mit den „realen Biografien“ und „der tatsächlichen Geschichte“ gestalten, fragte sich Autor Arzt? Geworden ist sein Stück am Ende eine „Suche nach dem Heute in dem Stauseedrama“ und nach „Strukturen des Erinnerns“. In der dramatischen Handlung kittet Arzt verschiedene Blickwinkeln zusammen und kitet mit ihnen gemeinsam über den Stausee, dockt an abwechselnde Erinnerungshäfen, an denen er mal offensichtlich und mal spurlos vorüberzieht und ein dichtes Netz an Gefühlen und Sichtweisen entstehen lässt, das die Zuschauer*innen sanft vom Gestern ins Heute katapultiert. Und umgekehrt. Auch vom autoritären Faschismus (einst und jetzt) ist manchmal die Rede. Das erzeugt Achselzucken bei den einen, Bauchkrämpfe bei den anderen. Auch geballte Fäuste des Widerstands.“ (Martin Hanni, SALTO)