Schauspiel, Rowohlt Theaterverlag 2012 // uraufgeführt am 20. April 2013, Landestheater Linz (Regie: Ingo Putz), deutsche Erstaufführung am 26. April 2013, Theater Heidelberg (Regie: Jens Poth), Schweizer Erstaufführung am 11. Februar 2015, Theater Sankt Gallen (Regie: Elisabeth Gabriel), argentinische Erstaufführung am 18. Juni 2016, Festival Internacional de Dramaturgia Buenos Aires (Regie: Alberto Ajaka) // übersetzt auf Englisch («Alpine Blues» von Neil Blackadder) und Spanisch («Piedemonte» von Citlali Bernhardt)
Produktionsteam der Uraufführung // Regie: Ingo Putz / Bühne: Stefan Brandtmayr / Kostüme: Cornelia Kraske / Musik: Wolfgang Fadi Dorninger / Dramaturgie: Elke Ranzinger / Ensemble: Björn Büchner, Jenny Weichert, Katharina Wawrik, Markus Subramaniam, Michaela Schausberger, Manuel Klein, Klaus Köhler
Eine Gruppe von Freunden trifft sich in der alten Heimat zum Grillfest. Eingeladen haben Hannes und Heidi, es gibt etwas zu feiern: Sie haben den Ort, den die Freunde schon seit ihrer Jugend kennen, als Baugrund erworben. Der Grundriss ist bereits abgesteckt; zwischen zukünftigen Ess-, Schlaf- und Kinderzimmern wird der Grill aufgebaut und Kuchen ausgepackt. Nostalgische Gefühle werden wach, Erinnerungen abgeglichen, aber noch bevor die ersten Würstchen fertig sind, kommen alte Rivalitäten zum Vorschein. So endet das Grillfest zunächst mal statt mit dem Dessert in einer Kuchenschlacht. Nachdem sich Hannes und Heidi getrennt haben, muss im Laufe des Jahres nicht nur der Freundeskreis beweisen, wie krisensicher er ist, sondern vor allem sich jeder einzelne in einer Situation zwischen Studium, Beruf und Kinderkriegen neu positionieren. Zwischen der Angst vor Stagnation und der Sehnsucht nach dem Beständigen scheint jede Entscheidung für den beruflichen Aufstieg oder die Familienplanung immer auch mit der Heimat verbunden zu sein: Fortkommen, Weggehen, Heimkehren? Nur Hannes baut unbeirrt weiter an seinem Haus, bis auch ihm klar wird, dass es nicht ausreicht, die Zimmer neu zu verteilen und den Grundriss umzustecken. In Frage steht der Baugrund selbst. (Text: Rowohlt Theaterverlag)
Trailer (c) Landestheater Linz 2013
„Ein dichtes, fein gewebtes, polyphones Krisenpanorama. Ein beachtlicher Wurf.“ (THEATER DER ZEIT)
„Arzt geht es um ein Lebensgefühl der allgegenwärtigen Brüchigkeit. Auf was aber können die Figuren bauen, wenn selbst Liebesdinge so prekär zerbröseln wie der Mittelstand?“ (THEATER HEUTE)
„Thomas Arzt hat eine böse Gesellschaftskomödie geschrieben, ein groß angelegtes Panorama, das an Arthur Schnitzler erinnert. Realistische Dialoge unterbricht er durch Prosa- und Liedtexte, in denen Gedanken fließen und Visionen aufblitzen. Die Charaktere sind psychologisch präzise gezeichnet, das Porträt einer Generation der Einzelkämpfer, die in der verlorenen Heimat nach Orientierung und Nestwärme suchen. Doch die Dagebliebenen sind auch nicht glücklich geworden und trauern verpassten Chancen nach. Alpenvorland ist ein reiches, farbiges, pralles Stück voller Lebensgier, Verzweiflung und gemeiner Pointen.“ (Jurybegründung, Autorenpreis des «Heidelberger Stückemarkts» 2012)
„«Land ist’s der Berge. Land ist’s der Seen. Land ist’s der Särge. Und Land wird vergehn, und vergessen was damals geschehn...» – nur ein kleiner Auszug daraus, was Autor Thomas Arzt aus unserer Bundeshymne gemacht hat. Immer wieder werden in seinem Stück «Alpenvorland» teils bekannte Melodientexte gleichsam zerstückelt, um einige Elemente ergänzt und wie neu zusammengefügt. So zu Beginn auch die oberösterreichische Landeshymne «Hoamatland», allerdings aus dem Blickwinkel des Hunderls – zum Niederknien komisch! Diese Zwischenstücke wünscht der Autor vom Ensemble chorisch gesprochen. Regisseur Ingo Putz und das homogene, famose Schauspiel-Team meistern präzise, rhythmisch und mit viel Augenzwinkern und ohne einen einzigen Versprecher diese wahrlich nicht leicht umzusetzende Aufgabe: Chapeau! Thomas Arzt ist kräftig zupackender, dramaturgisch klug aufbauender Situations- und auch sanfter und poetischer Figurenerzähler. Ihm ist der analytische Ernst ebenso zu Eigen wie die spielerische Ironie, der leichtfüßig tänzelnde Humor ebenso wie tiefschürfende Gedankenarbeit.“ (Silvia Nagl, OÖN zur Uraufführung)
„Arzt seziert die Sprache der obrigkeitstreuen Heimatliebe, ordnet die Worte neu, legt unreflektierte Anbetungsriten offen. Eine gekonnte Strategie, die der Autor mehrmals im Text anwendet: Hymnen, Kinder- oder Weihnachtslieder werden als liturgische Teile einer gesellschaftlichen Ordnung bloßgestellt, die keinen Sinn, sondern nur noch Rhythmus und Baugrund anzubieten hat. Allerdings vergebens: «Das Land erträgt mich nicht», wie Sopherl, eine der drei weiblichen Darstellerinnen, feststellt. (...) Der dreißigjährige Arzt ist ein genauer Zuhörer und Beobachter, vor allem wenn es die eigene Generation betrifft, holt, wie er es selbst nennt, die «Laute aus dem Maul der Leute».“ (Wiltrud Hackl, DER STANDARD zur Uraufführung)
„Sprachlich erinnert sein Stück an die Volksstücke von Ödön von Horváths, dessen Kunstdialekt Arzt gekonnt ins Heute fortschreibt, ohne sein Vorbild plump zu kopieren. Die Endsilben sind häufig gekappt, auch ganze Satzenden brechen weg, so dass das Reden und Denken in Sackgassen der Hilflosigkeit mündet.“ (Christoph Leibold, THEATER DER ZEIT zur Uraufführung)
„Thomas Arzt ist kein extremer Sprachverdichter wie sein österreichischer Kollege Ewald Palmetshofer, sondern ein Erzähler, der sich in Biografien von Figuren stürzt. Das macht seinen Text ungemein lebendig, überfrachtet ihn aber auch immer wieder.“ (Jürgen Berger, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG zur deutschen Erstaufführung)
„Arzts zwischengelagerte erdig-süßliche und scharf schwarz geränderte Lyrik nach Kinder-, Kirchen- und Volksliedern setzt sich durch, wirkt theatralisch nach. Wendelin Hejny hat diese – in bester alpenländischer Tradition stehende – Poesie musikalisch nicht chorisch, sondern mit Einzelbeiträgen der Schauspieler aufgelöst. Das ist bei Karoline Horster, Natalie Mukherjee und vor allem Evamaria Salcher grandioser Indie-Deutsch-Pop in aufnahmefähiger Qualität. Arzt gräbt zwar an zu vielen Baustellen, aber tief in der Heimatseele, wo immerhin die Katastrophen verlässlich sind.“ (Ralph-Carl Langhals, NACHTKRITIK zur deutschen Erstaufführung)